Geschrieben von Anne Dittrich Wohnt seit 2019 mit ihrer Familie in Heuweiler. Seit 2020 im Vorstand der Bürgerrunde. Soziologin, erfahren in erneuerbaren Energien und Klimaschützerin im Kleinen. Mitglied im Vorstand.

Offener Brief der AG Klima und Mobilität

Offener Brief der AG Klima und Mobilität

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Walz,
sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte,

mit Interesse haben wir die aktuellen Beratungen und Beschlüsse zu neuen Bauvorhaben in Heuweiler zur Kenntnis genommen und die Stellungnahmen der Heuweilermer Listen gelesen. Gleichzeitig verfolgen wir natürlich in diesen Tagen in persönlichen Gesprächen und durch die mediale Berichterstattung die Geschehnisse rund um das mögliche Baugebiet Nägelesee Nord in Gundelfingen.

Aus unserer Sicht gilt es durch rechtzeitige und umfassende Überlegungen eine Situation wie in Gundelfingen für Heuweiler unbedingt zu vermeiden. Der Vergleich mag an einigen Stellen hinken, da wir es in Heuweiler – Stand heute – nicht mit komplett neuen Baugebieten zu tun haben, sondern wohl eher mit Modernisierung und Lückenbebauung. Die potentiell „Gesellschaft spaltenden“ Themen bleiben im Kern aber die gleichen.

Auch einzelne Bauvorhaben sollten nicht als solitäre Entscheidung über Zustimmung/ Ablehnung eines Bauantrages betrachtet werden. Aus unserer Sicht bedarf es einer klugen Gesamtstrategie, man könnte vielleicht auch „Dorfentwicklungsplan“ dazu sagen. Gemeint ist, dass Themen wie Mobilitätskonzepte, Energiekonzepte, aber auch weiterreichende Ideen, wie Heuweiler für interessantes Gewerbe attraktiv werden kann, bei jedem Bauvorhaben mitgedacht und mitentschieden werden müssen.

Das alles muss aus unserer Sicht unter der Überschrift „Klimaneutrale Gemeinde Heuweiler 2050“ gedacht und entschieden werden. Und das nicht etwa, weil es sich hierbei um die Minderheitenmeinung einer kleinen Runde kommunalpolitisch Engangierter handelt, sondern weil die Klimaneutralität bis 2050 in der EU sehr bald gesetzliche Vorschrift sein wird! Es ist abzusehen, dass Gesetzesbrüche zu finanziellen Strafzahlungen - in welcher Form auch immer - führen werden.

Mit der Entscheidung über Bauvorhaben werden Entscheidungen mit jahrzehntelangem Bestand für unser Dorf getroffen. Es bedarf bei der Ausgestaltung und Genehmigung von Bauvorhaben also in besonderem Maße Weitblick bei der Entscheidungsfindung. Denn nur wenn wir heute damit anfangen, massiv in Richtung Klimaneutralität zu entscheiden und zu arbeiten, wird die Klimaneutralität in den kommenden 30 Jahren noch zu schaffen sein. Es nützt also nichts zu sagen: „Wir haben dafür kein Geld.“ Denn wenn wir heute nicht handeln, zahlen wir später sowieso bzw. umso mehr! Es gilt daher, auch externe Finanzierungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (z. B. Bürgerbeteiligungen, Energiecontracting, Förderungen von Bund und Ländern, …). Somit geht es durch vorausschauende Planung um Nachhaltigkeit im ganzheitlichen Sinn, nämlich ökologisch, sozial und ökonomisch.

Konkrete Beispiele für die Ausgestaltung einer solchen Gesamtstrategie könnten sein:

  • Pflicht für Photovoltaik- und/oder Solarthermische Anlagen auf/an jedem Neubau in Heuweiler (Dächer und/oder Fassaden)
  • Mobilitätskonzept bei jedem Neubau (z. B. Pflicht für leicht zugängliche und ausreichende Fahrradstellplätze bei MFH bei gleichzeitiger Reduktion der vorgeschrieben Parkplatzflächen für PKW pro Wohneinheit von derzeit 2 bzw. 1,5 auf 1 oder 0,5; Sharingkonzepte für Elektro(leicht)fahrzeuge, auch zum Güter-/Warentransport)
  • Nahwärmenetz für Heuweiler (Neubauten würden zur Wärmeversorgung an dieses Netz angeschlossen, Bestandsgebäude könnten bei in Zukunft notwendiger Sanierung hinzukommen), ggf. auch “kalte Nahwärme” zur Kombination mit Wärmepumpen
  • Konzeption und gezielte Anwerbung von Gewerbebetrieben aus bestimmten Branchen. Wir meinen, die Senkung der Gewerbesteuer mag schon ein Schritt in die richtige Richtung sein, wird allein aber vermutlich nicht ausreichen, um attraktiv genug zu sein. Gerade in und neben Wohngebäuden ist „leises“ Gewerbe gewünscht, wie schafft man es also, z. B. Büroflächen für junge und innovative Unternehmen schmackhaft zu machen?

Wir – als AG Klima und Mobilität der Bürgerrunde Heuweiler – stehen sehr gern bereit, diese Gesamtstrategie für Heuweiler konstruktiv zu begleiten. Sehr gern bringen wir Ideen ein und liefern tatkräftige Unterstützung, z. B. bei Bürgerveranstaltungen, und nicht zuletzt ergänzen wir vielleicht auch an manchen Stellen unsere Expertise, die der/die eine oder andere aus seinem/ihrem beruflichen Umfeld mitbringt.

Wir wünschen uns, dass die Gemeinde an dieser Stelle ihre Selbstständigkeit nutzt und dabei mutige und zukunftsorientierte Entscheidungen trifft.
Konkret bitten wir Sie in einer der kommenden Gemeinderatssitzungen zu berichten, welche Konzepte oder Vorstellungen es für einen solchen Dorfentwicklungsplan gibt. Sehr hilfreich wäre es auch, wenn Sie für uns als Bürger Klarheit schaffen, wie weit die Möglichkeiten bei Bauvorschriften für die Gemeinde Heuweiler eigentlich reichen, um zu erkennen, welche konkreten Spielräume in welchen Bereichen bestehen, wie diese kreativ und sinnvoll genutzt und durch eine möglichste breite Beteiligung der Bürger gemeinsam konkret gestaltet werden können.

Vielen Dank vorab!

Mit freundlichen Grüßen
die AG Klima und Mobilität der Bürgerrunde Heuweiler e.V.

Christian Ott
Anne Dittrich
Prof. Dr. Burkhard Werner
Dr. Michael Hermann
Dr. Claudia Schulz
Marie Battran-Berger
Jonas Maier
Jochen Kreher
Jochen Ruf